Die schlechten Nachrichten zuerst: Bis zum ersten europäischen Orbitalstart des Jahres 2022 dauerte es fünf Monate und 22 Tage. Zu diesem Zeitpunkt hatten andere Nationen bereits 68 Weltraummissionen durchgeführt. Ein deutlicher Hinweis auf den betrüblichen Status der europäischen Raumfahrt. Als es dann endlich zum ersten europäischen Orbitalstart des Jahres kam, durften die Zuseher wieder einen der in der Raumfahrtgemeinde schon berüchtigten verkorkst-überbemühten und sterbenslangweiligen Livestreams der Arianespace betrachten.

Wie üblich wurde dabei irgendwie fast alles in einer konfusen Präsentation aber mit maximalem Studioaufwand miteinander verwurstet. Und wie es gute Tradition ist, wurde dabei die Hauptprotagonistin, nämlich die startende Rakete, weitgehend ignoriert. Sie erschien nur gelegentlich für wenige Sekunden auf ineinander verschachtelten Hintergrundbildschirmen vor denen ahnungslose Moderatoren ihr Publikum mit langweiligen Trivialitäten totquasselten oder inhaltsleeren Interviews quälten.

Doch genug des „Rants“. Die vom Livestream verschmähte Hauptprotagonistin, nämlich die Ariane 5 – es war die fünftletzte ihrer Gattung – absolvierte ihren Dienst gewohnt perfekt. Der Liftoff zur Mission VA257 an der Startanlage ELA 3 in Koruou erfolgte um 23:50 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Gut 20 Minuten später erreichte die Orbitaleinheit, bestehend aus der zweiten Stufe, den beiden Satelliten und der SYLDA-Doppelstartstruktur die vorgesehene Bahn mit einem Perigäum von 250 Kilometern, einem Apogäum von 35.800 Kilometern und einer Bahnneigung zum Äquator von sechs Grad.

Die Mission war der insgesamt 113. Flug einer Ariane 5. Der Träger brachte dabei die zweitschwerste Nutzlast des Ariane-Programms in den geostationären Transferorbit. Die beiden Satelliten brachten zusammen mit der Sylda-Doppelstartstruktur ein Startgewicht von 10.849 Kilogramm auf die Waage, das sind nur zwei Kilo weniger als beim vorhergehenden Rekordgewicht. Die massivste Nutzlast überhaupt war übrigens das ATV „George Lemaitre“ im Juli 2014, das ein Gesamtgewicht von 20.293 Kilogramm aufwies. Dieses Versorgungsschiff zur ISS wurde allerdings nur auf eine niedrige Erdumlaufbahn transportiert.

Bei den beiden Nutzlasten handelt es sich um den 5.658 Kilogramm schweren Multimissionssatelliten MEASAT-3d für das malaysische Unternehmen MEASAT und den 4.181 Kilogramm schweren und mit 24 Ku-Band Transpondern ausgerüstete indischen Kommunikationssatelliten GSAT-24. Gebaut wurde er von der indischen ISRO auf Basis der I-3K-Plattform. Betrieben wird er von New Space India, die das Raumfahrzeug von der ISRO leasen wird.

MEASAT-3d wurde von Airbus auf Basis der Eurostar 3000-Plattform gebaut, ist für Breitband-Dienste im südostasiatischen Raum ausgelegt und verfügt über eine Kombination von C-Band-, Ka-Band und Ku-Band-Transpondern. Für wissenschaftliche Zwecke ist auch eine Nutzlast an Bord, die im Q/V-Band betrieben wird. Eine L-Band-Nutzlast wurde für Südkorea an Bord genommen. Sie soll Navigationssignale für den südkoreanischen Raum verstärken. Die Arbeitsposition von MEASAT-3d wird bei 91,5 Grad östlicher Länge über dem Äquator liegen.

GSAT-24 ist im Übrigen der letzte kommerzielle Kunde, der es noch ins Nutzlastmanifest der Ariane 5 geschafft hat. Alle anderen Plätze der letzten fünf Missionen waren bereits vergeben. Bei der finalen Mission im kommenden Jahr wird die Jupitersonde JUICE die Nutzlast sein, ein wirklich krönender Abschluss.

Bild: Missionsposter für den Flug VA257. Quelle: Arianespace