Das mit gletscherhafter Geschwindigkeit ablaufende Testprogramm der Angara-Trägerrakete hat sechs Jahre nach dem Erstflug der Trägerrakete im Dezember 2014 einen weiteren Meilenstein erreicht. Am 14. Dezember erfolgte der zweite Testflug einer Angara 5. An Bord der Rakete befand sich lediglich ein Gewichtsdummy mit der Bezeichnung IPM, der einen großen Kommunikationssatelliten simulieren soll. Eine aktive Nutzlast wollte man nicht riskieren. Das System wurde bei dieser Mission erfolgreich über alle Stufen erprobt, einschließlich des Direkteinschusses in eine geostationäre Erdumlaufbahn.

Das Entwicklungsprogramm des neuen russischen Trägers begann schon bald nach dem Zerfall der Sowjetunion. Seither geht derart langsam voran, dass nun die Gefahr drohte, diese zweite Mission gar nicht, oder nur mit weiteren langen Verzögerungen ablaufen zu lassen. Der Grund: wesentliche Komponenten der Rakete näherten sich dem Ende ihrer technischen Lebensdauer. Insgesamt ist es bereits der dritte Testflug, da vor sechseinhalb Jahren auch eine Erprobungsmission der wesentlich leichteren Angara 1 stattgefunden hat.

Die Angara ist eine modular aufgebaute Rakete, die von Chrunitschew hergestellt wird. Die Einzelmodule werden dabei als URM bezeichnet (für: Universalniy Raketniy Modul) und definieren ja nach Anzahl die Leistungsklasse der Rakete. Die zweite Stufe wird als URM-2 bezeichnet, sie wird aber in der leichtesten Version, der Angara 1, nicht verwendet. Ursprünglich war angedacht, eine ganze Reihe von Varianten der Angara zu entwickeln. Angefangen von der Angara 1 über die Versionen 3 und 5, bis hin zur Angara 7. In der Praxis wurden bisher aber nur die Versionen Angara 1.2. (mit einer Block I-Zweitstufe anstelle der URM-2) und die Angara 5 realisiert.

Der Schwerlastträger, der eigentlich schon seit langem die Proton hätte ersetzen sollen, verließ die Startrampe 35/1 im nordrussischen Weltraumbahnhof Plessezk um 6:50 Uhr mitteleuropäischer Zeit (entsprechend 8:50 Uhr Moskauer Zeit). Bis zum Ende der Mission dauerte es zwölfeinhal Stunden. Danach war die Briz-M mit der Dummy-Nutzlast im Zielorbit angekommen. Der lag mehrere hundert Kilometer oberhalb des geostationären Gürtels, im Bereich der so genannten Friedhofsorbits.

Angetrieben werden die URM’s durch jeweils ein einzelnes Triebwerk des Typs RD-191M, eine Variante des Erststufentriebwerks das auch für die Zenit und die Energia eingesetzt worden war. Die zweite Stufe wird von einem RD-0124A-Triebwerk angetrieben, wie es auch die Sojus 2.1b und die Sojus 2.1v-Raketen verwenden. Beide Stufen werden mit flüssigem Sauerstoff als Oxidator und Kerosin als Treibstoff betrieben.

Für den Einsatz in niedrige Erdumlaufbahnen kommt die Angara 5 nur zweistufig zum Einsatz. Für Flüge in hohe Umlaufbahnen, zum Mond und zu den Planeten wird sie vorläufig durch eine  Briz-M Drittstufe verstärkt. So auch beim aktuellen Testflug. Für die Zukunft soll aber eine mit Sauerstoff und Wasserstoff betriebene Oberstufe entwickelt werden.

Bild: Start der Angara 5; Quelle: Roskosmos