Bei der sechsten Mission des Jahres, am 20. November, erzielte Rocket Lab nicht nur einen erfolgreichen Start sondern auch einen wesentlichen Schritt in Richtung Wiederverwendung der ersten Stufe ihres Trägers. Nachdem in einer Höhe von etwa 75 Kilometern Höhe, bei einer Geschwindigkeit von etwa 8.200 Kilometern pro Stunde die Stufentrennung erfolgt war, kehrte die erste Stufe in einer gesteuerten ballistischen Kurve wieder zur Erde zurück und landete schließlich sanft an einem Fallschirm im Wasser. Der Boosters  ging etwa 550 Kilometer vom Startgelände entfernt nieder und wurde von einem Bergungsschiff aus dem Meer gefischt.

Rocket Lab selbst bezeichnete die Mission mit dem Spitznamen "Return to Sender" als ihre in jeder Hinsicht „bislang vielfältigste“. Dies galt selbst für die TV-Übertragung vom Start, die eine Spendenaktion für eine neue Intensivstation im Starship-Kinderkrankenhaus in Auckland beinhaltete. Zur Unterstützung dieser Aktion war auch eine eigene Nutzlast an Bord der Rakete mitgeflogen.

Der Start erfolgte auf die Minute pünktlich an der Startanlage 1A vom Rocket Lab-Privat-Spaceport auf der Halbinsel Mahia an der Ostküste der neuseeländischen Nordinsel. Beim Liftoff war es 3:20 Uhr mitteleuropäischer Zeit, entsprechend 15:20 Uhr neuseeländischer Zeit. Eine knappe Stunde später hatte die Curie-Kickstufe mit den 30 Satelliten den gewünschten polaren, sonnensynchronen Orbit erreicht.

Die zurückkehrende erste Stufe wird nicht wie die Booster von SpaceX mit den Raketenmotoren abgebremst, um den Wiedereintritt zu überstehen, sondern bremst alleine durch die Luftreibung. Bei einer so kleinen Rakete ist aus physikalischen Gründen keine andere Lösung praktikabel, will man nicht vollständig auf Nutzlast verzichten. Bei diesem Rücksturz zur Erde treten enorme thermische und mechanische Lasten auf, die von den Rocket Lab-Ingenieuren als „The Wall“ bezeichnet werden. Sobald die Geschwindigkeit auf Mach 2 gesunken war, wurde zunächst ein Pilotfallschirm ausgeworfen und danach ein kleiner Bremsfallschirm. Sobald die so genannte „Terminal velocity“ erreicht war (die Geschwindigkeit, bei der sich Luftreibung und Fallgeschwindigkeit die Waage halten) wurde ein Rundkappenfallschirm aktiviert, der den Abstieg zur Wasseroberfläche mit einer Geschwindigkeit von nur noch 10 Meter pro Sekunde durchführte.

Die Mission, es war die 17. für Rocket Lab, trug den Namen „Return to Sender“. Dieser Begriff bezog sich in diesem Fall weniger auf den Elvis Presley-Song, sondern auf den Umstand, dass die erste Stufe des Trägers erstmals geborgen wurde. Eine Wiederverwendung dieser Stufe ist aber nicht vorgesehen, das soll erst geschehen, wenn das Verfahren so ausgereift ist, dass die Antriebseinheit von einem Hubschrauber in der Luft aufgefangen werden kann, und somit nicht mit dem sehr korrosiven Salzwasser in Berührung kommt.

„Return to Sender“ war für Rocket Lab auch eine Rekordmission in Bezug auf die Anzahl der Nutzlasten. Nicht weniger als 30 Kleinsatelliten wurden bei diesem Flug in den Orbit transportiert, nämlich

  •  „DragRacer“ von Millenium Space für Versuche zum Thema „Beseitigung von Weltraummüll“. DragRacer besteht aus zwei 6Unit-Cubesats mit den Bezeichnungen Alchemy und Augury. Die beiden Satelliten sind identisch, mit einer wesentlichen Ausnahme: Alchemy wird ein 70 Meter langes elektrisch leitfähiges Seil entfalten, dessen Reibungswiderstand an der Restatmosphäre in dieser Höhe bewirken soll, dass diese Einheit innerhalb von 45 Tagen wieder die Erdatmosphäre eintritt. Augury ist die Kontrolleinheit ohne Seil. Sie wird einen natürlichen Abstieg aus dieser Höhe durchführen, der etwa sieben bis neun Jahre dauern dürfte. Millenium Space nennt dieses Seil das „Terminator Tape“ und will ein Geschäftsmodell daraus machen. Die beiden Satelliten wiegen zusammen 25 Kilogramm.
  • BRO 2 und 3 sind zwei Marineüberwachungssatelliten, hergestellt von der dänischen Firma GomSpace für das französische Unternehmen Unseenlab. Es handelt sich dabei jeweils um 6Unit-Cubesats, die Bestandteil einer Konstellation von insgesamt 20-25 Satelliten sein werden. Einer der Satelliten wurde bereits im letzten Jahre gestartet, ebenfalls mit einer Rocket Lab Electron.
  • Von Swarm Technologies waren 24 Satelliten der SpaceBee Datenrelay-Satelliten an Bord. Es sind extrem kleine Einheiten, die nur eine Viertel-Cubesatgröße und ein Gewicht von etwa 250 Gramm aufweisen. Damit sind bislang 36 dieser Nano-Raumfahrzeuge im Orbit
  • APSS-1 ist der erste in Neuseeland gebaute Studentensatellit. Er stammt von der Universität Auckland, und mit ihm wird erprobt, ob man aus der Messung von Störungen der Ionosphäre auf bevorstehende Erdbeben schließen kann. Dieser 1Unit-Cubesat wurde von Rocket Lab kostenlos transportiert.
  • Das eigenwilligste Objekt an Bord verblieb nicht im Orbit, sondern hat bereits mit der Curie-Stufe einen destruktiven Eintritt in die Erdatmosphäre durchgeführt. Es handelt sich dabei um einen 15 Zentimeter hohen, im 3D-Druckverfahren hergestellten Titan-Gartenzwerg mit dem Namen „Gnome Chompski“. Er ist eine Figur aus dem Computerspiel „Half Life“ und spielte beim gemeinnützigen Projekt für das Starship-Krankenhaus eine Rolle.

Bild: Startlogo der "Return-to-Sender" Mission; Credit: Rocket Lab