50 Prozent aller Erstflüge von Trägerraketen scheitern. Je fortschrittlicher und neuer die verwendete Technologie, desto höher ist das Verlustrisiko. Das ist eine schier unüberwindbare Regel in der Raumfahrt, und viele Entwickler und Hersteller rechnen das Scheitern einer oder mehrerer Missionen zu Anfang der Karriere eines neuen Trägers von vorneherein mit ein. Richtig weh tut es aber, wenn die eingesetzte Technologie ziemlich konventionell ist, und die Rakete schon nach wenigen Flugsekunden explodiert, was zur Folge hat, dass man praktisch keine Flugdaten gewinnt. Dieses Pech hatte das japanische Trägerraketen-Startup Space One am 13. März beim Erstflug ihrer KAIROS-Rakete (ein Akronym für Kii-based Advanced & Instant Rocket System, aber auch die Bezeichnung des griechischen Gottes der „passenden Gelegenheit“, der hier aber ganz offensichtlich nicht helfend eingriff).

Verschlimmert wird der Ärger dadurch, dass die Rakete keine erkennbare Fehlfunktion aufwies, sondern weil sie durch das Flugabbruchsystem nach ganzen fünf Flugsekunden gesprengt wurde. Fünf Sekunden, das dürfte die vorab eingestellte minimale Flugdauer sein, nach der das FTS (Flight Termination System) aus Sicherheitsgründen überhaupt erst ausgelöst werden kann, will man nicht die Startanlagen zerstören. Das bedeutet nichts anderes, als dass das FTS des KAIROS wahrscheinlich bereits beim Liftoff aktiviert war und die Rakete damit ihrem schnellen Tod entgegenflog.

Mit dieser Mission sollte der neue Space Port Kii eingeweiht werden, der auf der gleichnamigen Halbinsel unweit von Kyoto liegt. Die Zündung des Erststufenmotors erfolgte um 3:01 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Unter der Nutzlastverkleidung der Rakete befand sich der etwa 100 Kilogramm schwere Rapid Launch Small Satellite des japanischen Cabinet Intelligence and Research Office. Die Explosion ereignete sich in einer Höhe von etwa 150 Metern. Die Trümmer regneten alle noch innerhalb der Grenzen des Space Ports nieder, und zwar in westlicher Richtung. Die Rakete hätte nach Süden fliegen sollen, und womöglich liegt hier der Grund für das Auslösen des FTS. Die Infrastruktur des Startzentrums blieb unbeschädigt.

Der KAIROS ist eine vierstufige Rakete und liegt in etwa in der Leistungsklasse der Rocket Lab Electron. Er ist 18 Meter lang, weist einen Durchmesser von knapp eineinhalb Metern auf, verfügt über eine Startmasse von 23 Tonnen und soll eine Nutzlast von 250 Kilogramm auf eine genau östliche niedrige Erdumlaufbahn bringen können oder etwa 150 Kilogramm auf eine polare sonnensynchrone Bahn.

Die Startstatistik des laufenden Jahres sieht nach dieser ultrakurzen Mission wie folgt aus:

  1. USA: 25 (davon SpaceX: 24) 
  2. China: 10                              
  3. Japan: 3 (1 Fehlschlag)
  4. Neuseeland: 3                                   
  5. Russland: 3
  6.  Indien: 2 
  7.  Iran: 2         

Bild: Der KAIROS explodiert nach nur fünf Sekunden Flug. Quelle: Siehe Bild